musica pro pace 2014

Konzert zum Osnabrücker Friedenstag in Kooperation mit dem Theater Osnabrück

Ausführende
Osnabrücker Symphonieorchester
Andreas Hotz, Dirigent

Werke
Krzysztof Penderecki: Threnos. Den Opfern von Hiroshima [1960]
Gustav Mahler: Sinfonie Nr. 9 [1909]

Moderation: Stefan Hanheide


Die Werke des Konzertes umschlossen die beiden Weltkriege, deren Gedenken 2014 begangen wurde – den Ausbruch des Ersten Weltkrieges vor 100 Jahren und den des Zweiten Weltkrieges vor 75 Jahren.

Pendereckis Komposition „Threnos. Den Opfern von Hiroshima“ thematisiert den Atombombenabwurf auf die japanische Stadt am 6. August 1945. Obwohl von nur neunminütiger Dauer, ist sie das bedeutendste Orchesterwerk, das als Anklage gegen den Krieg geschrieben wurde. Endlich wurde es in Osnabrück erstmals aufgeführt. Das Werk aus dem Jahre 1960 verwendet die außergewöhnlich große Zahl von 52 Streichinstrumenten (24 Violinen, je 10 Bratschen und Celli, 8 Kontrabässe). Seine innovativen Spieltechniken und Kompositionsverfahren stellten Penderecki an die Spitze der Avantgarde. Sie machten den heute in der Nähe von Krakau lebenden 81-Jährigen zu einem der bedeutendsten Komponisten seiner Zeit. Penderecki erzeugt mit neuartiger Behandlung der Streichinstrumente ganz andersartige Klänge als die gewohnten. Dazu musste die herkömmlich Notenschrift durch eine ganz neue Notationsweise ersetzt werden. So ist es ihm gelungen, in Verbindung mit dem Hinweis auf Hiroshima Vorstellungen und Emotionen von dieser Katastrophe bei den Hörenden entstehen lassen (s. Kasten). Die außergewöhnlichen Klangeindrücke überdecken die extreme Ordnung in dem Werk, die sich z.B. in einer Reihe von Kanons niederschlägt. Die Musik löst Reaktionen aus, die von tiefer Betroffenheit über die exorbitante Vernichtungsmaschinerie, über das unvorstellbare Leid und die Menschenverachtung der Entscheidungsträger erfüllt sind.

Mahlers Neunte Sinfonie ist ebenso eines der ganz großen musikalischen Kunstwerke des 20. Jahrhunderts. Es hat im engeren Sinne mit Krieg und Frieden nichts zu tun. Seiner Entstehung vorausgegangen waren zwei Schicksalsschläge, die Mahler im Sommer 1907 trafen: zum einen der Tod seiner fünfjährigen Tochter, zum anderen die Diagnose eines lebensbedrohlichen Herzfehlers, die sein Leben völlig veränderte. Aber Mahlers Musik ist weit mehr als der Ausdruck persönlicher Befindlichkeit. Er verstand seine Sinfonien als „Widerbild der Welt“. Seine Neunte Sinfonie ist ein großer Abschiedsgesang an eine zu Ende gehende Epoche. Alban Berg beschrieb die Musik als „Ausdruck einer unerhörten Liebe zu dieser Erde, als Sehnsucht, in Frieden auf ihr zu leben, bevor der Tod kommt“. In den beiden ausladenden langsamen Rahmensätzen kommt diese Liebe zur Erde zum Ausdruck. Im ersten klingen Verstörungen in die melancholisch schöne Welt hinein: Erschütterungen, Explosionen und Aufschreie enden im Zusammenbruch. Der letzte Satz ist eine liebende Umarmung der Welt in der Gewissheit des Abschieds. Dem stehen die beiden kürzeren, schnelleren Mittelsätzen gegenüber, die die vulgären und widersprüchlichen Seiten der Welt sarkastisch hervorzukehren scheinen. Ein grotesk verzerrtes Scherzo wird gefolgt von einer Rondo-Burleske, die in übersteigerter Wildheit endet. Der Schlusssatz kehrt zur elegischen Ruhe des Anfans zurück und klingt in völligem Stillstand aus. Mit dieser Grundausrichtung lässt sich das 1908/10 geschaffene Werk auch als ein Abbild der Befindlichkeit vor dem Ersten Weltkrieg verstehen. Und es kann als eine ergreifende Antwort auf das von Penderecki  geschaffene Klanggemälde der Zerstörung und des Entsetzens gehört werden. Die Antwort kennt die Gewissheit des Scheiterns und die Melancholie des Verlustes, aber auch den weiten Blick darüber hinaus.


19. Oktober 2014, 11 Uhr, und 20. Oktober 2014, 20 Uhr, OsnabrückHalle

Plakat musica pro pace 2014