Flüchtlingsnot vor und hinter den Grenzen der Europäischen Union

Statements und Diskussion in Kooperation mit dem Jean Monnet Centre of Excellence in European Studies an der Universität Osnabrück mit

Angelika Beer
Co-Chair des Parliamentarians Network for Conflict Prevention and Human Security,
ehemalige Europa- und Bundestagsabgeordnete

Dr. August Hanning
Staatssekretär im Bundesministerium des Innern a. D.,
Präsident des Bundesnachrichtendienstes a. D.

Elias Bierdel
Vorstand von borderline-europe – Menschenrechte ohne Grenzen e.V., ehemaliger Leiter der Hilfsorganisation Komitee Cap Anamur/Deutsche Notärzte e. V.

Gesprächsleitung
Prof. Dr. Andreas Pott, Universität Osnabrück


Die Europäische Gemeinschaft versteht sich als Friedensmacht. Flüchtlinge an ihren Grenzen behandeln die Mitgliedsstaaten dagegen unfriedlich: Nachdem die legale Einreise aus manchen Ländern kaum möglich ist, begegnen Bootsflüchtlinge und andere Grenzübertreter dem generellen Vorbehalt, »irregulär« zu kommen. Seit 2004 spürt »Frontex«, die Europäische Agentur für die operative Zusammenarbeit an den Außengrenzen der Mitgliedstaaten, Flüchtlinge schon im Vorfeld auf: Nicht um die Passagiere von Flüchtlingsschiffen heil an Land zu bringen, sucht man diese mit Schnellbooten und Hubschraubern, sondern um sie zur
Umkehr zu zwingen. Vor den Toren Europas sterben jedes Jahr Hunderte durch Ertrinken, Erfrieren, Ersticken und Verdursten. Ankommende dürfen Asyl beantragen. Fast immer winken die Ablehnung und Abschiebung. In die Illegalität abzutauchen, bedeutet für Flüchtlinge die Fortsetzung der Flucht innerhalb Europas. Schwarzarbeit zum Dumpinglohn oder eine kriminelle Karriere sind dann die Alternativen des Überlebens. Wer nicht abgeschoben werden kann, darf auf Zeit bleiben. Rund 200.000 Geduldete leben derzeit in Deutschland. Wird nach oft jahrelangen Verfahren das Bleiberecht endgültig entzogen, müssen Familien mit Kindern, die nie in der Heimat ihrer Eltern waren, ins Unbekannte ausreisen. Die EU, ein Hort der Freiheit, möchte diese nicht teilen und verweigert geregelte Einwanderung ebenso wie wirtschaftliche Hilfsmaßnahmen, die Fluchtgründe verringern würde. Ihre Mitgliedsstaaten pflegen fremdenfeindliche Ressentiments auf Kosten der Menschenrechte. Wie geht es weiter in der »Festung Europa«?

Angelika Beer
Geb. 1957, Arzthelferin und Rechtsanwalts- und Notarsgehilfin; Gründungsmitglied der GRÜNEN (bis 2009); 1987-1990 und 1994-2002 Bundestagsabgeordnete, 2002-2004 Bundesvorsitzende von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. 2004-2009 Mitglied des Europäischen Parlaments. Seit 2008 Vorsitzende des parlamentarischen Netzwerkes für Konfliktprävention und menschliche Sicherheit beim East West Institut.

Dr. August Hanning
Geb. 1946, nach Jura-Studium ab 1976 beim Land NRW tätig; 1977 Wechsel ins Bundesinnenministerium und 1981 ins Bundeskanzleramt. 1986-1990 bei der Ständigen Vertretung der Bundesrepublik in Ost-Berlin, 1990 Rückkehr ins Bundeskanzleramt; 1998 Präsident des Bundesnachrichtendienstes. 2005- 2009 Staatssekretär im Bundesinnenministerium.

Elias Bierdel
Geb. 1960, Studium der Wirtschafts- und Sozialwissenschaften, Volontär bei der WAZ, Redakteur der Westfälischen Rundschau; 1986-1993 freier Journalist. Ab 1994 Redakteur beim Deutschlandfunk. 2002 Projektmitarbeiter, später Vorsitzender des Komitee Cap Anamur/Deutsche Notärzte e. V.; 2007 Gründung von ›Borderline-Europe – Menschenrechte ohne Grenzen e. V.‹; seit 2010 Wiss. Mitarbeiter am Österreichischen Studienzentrum für Frieden und Konfliktlösung.

1. Juni 2010, 19:00 Uhr, Kongress-Saal der OsnabrückHalle


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© Osnabrücker Friedensgespräche | Uwe Lewandowski