Failed States – Versagende Staatlichkeit als Risiko für den Frieden

Statements und Diskussion mit

Dr. Gunter Pleuger
Deutscher Botschafter a. D. bei den Vereinten Nationen,
Präsident der Europa-Universität Viadrina, Frankfurt/Oder

Lotte Leicht
Direktorin des Europa-Büros von Human Rights Watch, Brüssel

Dr. Ulrich Schneckener
Politikwissenschaftler, Stiftung Wissenschaft und Politik, Berlin

Gesprächsleitung
Prof. Dr. Roland Czada, Universität Osnabrück


Gescheiterte oder scheiternde Staaten – so werden im Urteil der Politikwissenschaft solche Staatswesen bezeichnet, die das Gewaltmonopol über ihr Territorium und ihre Bürger nicht mehr ausüben können, weil sie entweder nicht über die geeigneten Machtmittel verfügen oder weil konkurrierende Kräfte dies verunmöglichen. Auch die Aufrechterhaltung »öffentlicher Sicherheit« und die Gewährung von »Wohlfahrt« im weitesten Sinne sind Kriterien für den Erfolg bzw. Misserfolg von Staaten. Somalia, Kongo, Zimbabwe oder Sudan, aber auch Afghanistan, Pakistan und Birma werden im Zusammenhang mit versagender Staatlichkeit immer wieder genannt. Dass solche Staaten Risiken für den internationalen Frieden darstellen, fordert westliche Führungsnationen immer häufiger zum Handeln heraus, wie jüngst im Fall der anwachsenden Piraterie vor Afrikas Ostküste. Als Begründungen für die Notwendigkeit, Maßnahmen zu ergreifen, werden die Gewährleistung der Sicherheit der Handels- und Verkehrswege genannt, ferner die Geltung der Menschenrechte bzw. ihre Wiederherstellung, dringend benötigte Hilfe im Katastrophenfall oder wünschenswerte Unterstützung im politischen Prozessen des »nationbuilding«. Doch damit werden zugleich völkerrechtliche und politische Fragen aufgeworfen – etwa nach der Objektivität der Lagebeurteilung, nach den politischen Interessen der Akteure, nach der Legitimität des Mitteleinsatzes und der Effektivität der Maßnahmen.

Dr. jur. Gunter Pleuger
Präsident der Viadrina-Universität Frankfurt/Oder, Diplomat – Geb. 1941, nach Studium der Rechtswissenschaft und der Politischen Wissenschaft in Köln und Bonn 1966 Promotion, 1969 Eintritt in den bundesdeutschen Auswärtigen Dienst, hier u. a. Tätigkeit an der Ständigen Vertretung bei der UNO in New York und den Botschaften in New Delhi und Washington. Von 1993 bis 2002 im Auswärtigen Amt im Bereich UNO, Menschenrechte, humanitäre Hilfe und globale Fragen verantwortlich, zuletzt als Staatssekretär und Stellvertreter des Außenministers. Von 2002 bis 2006 Ständiger Vertreter Deutschlands bei den Vereinten Nationen.

Lotte Leicht
Direktorin des Europa-Büros von Human Rights Watch in Brüssel seit 1994, Rechtsanwältin – Nach dem Studium in Kopenhagen war sie bis 1989 für das Dänische Zentrum für Menschenrechte tätig und von 1990 bis 1994 Programmdirektorin der Internationalen Helsinki Stiftung in Wien. Leicht wirkt mit u. a. im Beirat des European Inter-University Centre for Human Rights and Democratization, des Humanitären Völkerrechtskomitees des Dänischen Roten Kreuzes und des Nord-Süd-Komitees der Heinrich Böll Stiftung.

Dr. rer. pol. Ulrich Schneckener
Leiter der Forschungsgruppe Globale Fragen der Stiftung Wissenschaft und Politik – Geb. 1968; von 1996 bis 2002 Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Interkulturelle und Internationale Studien der Universität Bremen; 2005 erhielt er den Peter Becker-Preis für Friedens- und Konfliktforschung der Universität Marburg.


25. Juni 2009, 19:00 Uhr, Aula der Universität Osnabrück, Neuer Graben


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© Osnabrücker Friedensgespräche | Elena Scholz