Soldat sein, heute.

Einstellungen, Motivation und Selbstverständnis bei der Bundeswehr

Statements und Diskussion mit

Dirk Kurbjuweit
Journalist und Schriftsteller, Autor des Romans »Kriegsbraut«, Berlin

Prof. Dr. Angelika Dörfler-Dierken
Zentrum für Militärgeschichte und Sozialwissenschaften der Bundeswehr, Potsdam

Hellmut Königshaus
Wehrbeauftragter des Deutschen Bundestages

Gesprächsleitung
Prof. Dr. Arnulf von Scheliha, Universität Osnabrück


100 Jahre nach Beginn des Ersten Weltkriegs wird derzeit die Frage der »Schuld« an seinem Ausbruch neu diskutiert. Dabei schien das historische Urteil, das Deutsche Reich Wilhelms II. habe diesen Krieg entfesselt, um durch einen militärischen Sieg die europäischen Konkurrenten auszustechen, allseits anerkannt. – Für Soldaten heute stellen sich Schuldfragen auf den ersten Blick nicht. Denn ihr Einsatz ist allenfalls in internationalen »Friedensmissionen« vorgesehen oder zur Verhinderung von Akten des Völkermords und gilt damit als humanitär. Zudem ist im Krieg »gegen den Terror« jede Schuldfrage vorab entschieden. Oder sind doch politisch-moralische Fragezeichen hinter die Einsatzpläne der Bundeswehr und ihrer NATO-Partner zu setzen? Bleiben nicht etwa alte Dilemmata, die auch manchen Kriegsdienstverweigerer beschäftigten, am Ende unauflöslich? Ist die Anwendung von militärischer Gewalt für den Frieden zulässig, gerade für deutsche Soldaten? Ist der Tod von Unbeteiligten in Kauf zu nehmen, wenn der Gegner im Visier ist? Können
Soldaten zu Recht beanspruchen, dem »Vaterland«, uns allen, zu dienen? Oft erkennen Kriegsbeteiligte erst beim bösen Erwachen in ihren »Kameraden« wie im Gegner den Menschen. Aber auch darauf hat die Bundeswehr heute ihr Augenmerk, z. B. was die psychologische Behandlung posttraumatischer Belastungsstörungen von Afghanistan-»Veteranen« betrifft, oder auch wenn sie in der Werbung für den Nachwuchs mit guten beruflichen Karrierechancen lockt. Da wird sogar »Familienfreundlichkeit« zu einem neuen, sympathischen Attribut einer Truppe, die als eine ganz normale Firma erscheinen möchte. Ob sich das gewünschte Image mit den Einstellungen, der Motivation und dem Selbstverständnis der Soldatinnen und Soldaten bei der Bundeswehr deckt?

Dirk Kurbjuweit
Journalist und Schriftsteller – Geb. 1962, Studium der Volkswirtschaftslehre und Besuch der Kölner Journalistenschule. Von 1990 bis 1999 Redakteur bei der ZEIT, ab 1999 beim SPIEGEL. Ab 2002 Stellv. Chef des PIEGELHauptstadtbüros und von 2008 bis 2012 dessen alleiniger Leiter, seither politischer Korrespondent für den SPIEGEL; daneben Autor erzählerischer Werke, von Sach- und Drehbüchern sowie Romanen, darunter »Kriegsbraut« (2011) und »Angst« (2013).

Prof. Dr. Angelika Dörfler-Dierken
Wiss. Direktorin am Zentrum für Militärgeschichte und Sozialwissenschaften der Bundeswehr in Potsdam seit 2013 – Geb. 1955, Studium der Ev. Theologie in Göttingen, Heidelberg, Rom. Von 1988 bis 1998 Wiss. Assistentin in Heidelberg, 1998 Habilitation, seit 1999 Lehrbeauftragte an der Universität der Bundeswehr Hamburg, seit 2003 Projektleiterin am Sozialwiss. Institut der Bundeswehr in Strausberg. Von 2005 bis 2012 apl.Professorin in Heidelberg, seit 2012 apl. Professorin an der Universität Hamburg.

Hellmut Königshaus
Wehrbeauftragter des Deutschen Bundestages seit Mai 2010 – Geb. 1950, nach dem Wehrdienst als Zeitsoldat Studium der Rechtswissenschaften in Freiburg und Berlin, dort von 1977 bis 1986 Referendar und Richter, danach Beamter in der Berliner Senatsverwaltung. Von 1993 bis 2004 Tätigkeiten in der gewerblichen Wirtschaft und verschiedenen Wirtschaftsverbänden. Von 2004 bis 2010 Mitglied des Bundestages (FDP-Fraktion), dort ab 2009 Mitglied im Verteidigungsausschuss und im Untersuchungsausschuss zur sog. Kunduz-Affäre.


25. März 2014, 19 Uhr, Aula der Universität, Schloss, Neuer Graben 29/ Schloss


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© Osnabrücker Friedensgespräche | Uwe Lewandowski