Schuldenkrise und Demokratie in Europa

Statements und Diskussion mit

Dr. Norbert Lammert
Präsident des Deutschen Bundestages

Prof. Dr. Claus Offe
Politikwissenschaftler, Hertie School of Governance, Berlin

Gesprächsleitung
Prof. Dr. Roland Czada, Universität Osnabrück


Es wäre fatal, wenn wir auf dem Weg zur Rettung des Euro die Demokratie verlieren, kommentierte der Präsident des Bundesverfassungsgerichtes Andreas Voßkuhle die Gefahren der europäischen Schuldenkrise. Seit ihrem Beginn sehen sich demokratisch gewählte Parlamente und Regierungen von spekulativen Kapitalanlegern in die Enge getrieben. Rettungsmaßnahmen zur Abwendung von Bankpleiten und Staatsbankrotten müssen mit »billigem Geld«, öffentlichen Bürgschaften und neuen Schulden gegenfinanziert werden. Die Demokratie gerät dadurch zunehmend in Gefahr: Länder, die Hilfe erhalten, verlieren die Kontrolle über die eigenen Staatsfinanzen. Sie werden mehr von außen regiert als durch ihr eigenes Wahlvolk. Länder, die helfen, voran Deutschland, sind gezwungen, schwer kalkulierbare Haushaltsrisiken einzugehen, über deren Volumen außerhalb ihrer nationalen Parlamente entschieden wird. Wie man der Gefährdung der Demokratie begegnen kann, ob durch eisernes Sparen und Leistungskürzungen, durch höhere Steuern oder durch noch mehr Schulden, ist politisch umstritten. Was immer Regierungen tun oder lassen, gefährdet ihren demokratischen Rückhalt. Es scheint, als gäbe es in dieser Lage keine wirklich guten Lösungen, sondern nur weniger schlechte.

Dr. rer. soc. Norbert Lammert
Politiker und Publizist, Präsident des Deutschen Bundestages seit 2005. Geb. 1948 in Bochum, Studium der Politikwissenschaft, Soziologie, Geschichte, Sozialökonomie in Bochum, Promotion 1975, kommunalpolitische Tätigkeit 1975 bis 1980 als Mitglied im Rat der Stadt Bochum, Wahrnehmung verschiedener Aufgaben und Ämter in der CDU NRW. Seit 1980 Mitglied des Bundestages, 1989 bis 1994 Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Bildung und Wissenschaft, dann 1994 bis 1997 beim Bundesminister für Wirtschaft und 1997 bis 1998 beim Bundesminister für Verkehr. Von 1998 bis 2002 Kultur- und medienpolitischer Sprecher der CDU/CSUBundestagsfraktion, von 2002 bis 2005 Vizepräsident des Bundestages.

Prof. Dr. rer. pol. Claus Offe
Professor für Politische Soziologie an der Hertie School of Governance. Geb. 1940, Studium der Soziologie, der Volkswirtschaft und der Philosophie in Köln und an der FU Berlin, Promotion 1969 in Frankfurt, Habilitation 1973 in Konstanz. Von 1975 bis 1988 Professor für Politikwissenschaft und Soziologie in Bielefeld und von 1988 bis 1995 in Bremen. Von 1995 bis zur Emeritierung 2005 Prof. für Politische Soziologie und Sozialpolitik an der Humboldt-Universität Berlin. LehrundForschungsaufenthalte führten in die USA und ins europäische Ausland.


24. Oktober 2013, 19:00 Uhr, Aula der Universität Osnabrück, Schloss, Neuer Graben


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