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30. April 2009

 

 
 
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Staat und Religionen heute - Gerangel um die besten Plätze?

Weiteres Friedensgespräch zur Rolle der Religionen und des Glaubens im modernen Staat

Wie sollte das Verhältnis von Staat und Religionen in Deutschland geregelt sein? Das fragte schon vor gut einem Jahr ein Osnabrücker Friedensgespräch. Mit neuen Podiumsgästen wird die Diskussion am Mittwoch, den 6. Mai, 18 Uhr in der OsnabrückHalle fortgesetzt. Ministerpräsident Christian Wulff, die frühere Vizepräsidentin des Deutschen Bundestages und GRÜNEN-Politikerin Dr. Antje Vollmer und der ehemalige Kirchenpräsident der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau, Prof. Dr. Peter Steinacker, wurden eingeladen, ihre Ideen zur weiteren Ausgestaltung der Beziehungen zwischen Politik und Glaubensgemeinschaften vorzustellen.

Für die Politik im säkularisierten Deutschland sind Glaubensfragen erkennbar mehr als nur Privatsache der Individuen. Die Nützlichkeit der Religionsgemeinschaften - aktuell etwa für Zwecke der Integration von Einwanderern und ihren Familien - ist gesellschaftlich anerkannt. Hier sieht auch Niedersachsens Innenminister Schünemann Handlungsbedarf. Er proklamierte jüngst, das Land solle in die »Ausbildung von Imamen« einsteigen und Lehrer für islamischen Religionsunterricht anstellen. Denn in den Moscheen in Deutschland sind derzeit über 2.000 Geistliche als Vorbeter, Prediger und Seelsorger tätig. Den Großteil entsendet der türkische Staat in die der DITIB angeschlossenen Moscheen, um seine Staatsangehörigen geistlich betreut zu wissen. Dies ist für Minister Schünemann ein schwer erträglicher Zustand; den Schaumburger Nachrichten sagte er vor Tagen: »Die Imame haben großen Einfluss auf die Migranten. Wenn sie selbst aber kein Deutsch sprechen und nur sehr kurz im Lande sind, ist die Gefahr der Isolation groß - bis hin zur Hasspredigt.« Ministerpräsident Wulff sprach sich schon 2008 dafür aus, einen Staatsvertrag mit den Muslimen abzuschließen, ähnlich den Staatskirchenverträgen mit der evangelischen Kirche 1955 und der katholischen Kirche 1965.

Mit den Migranten sei weltweit »Gott im Kommen«, sagt Antje Vollmer und veröffentlichte ein Buch unter diesem Titel. Sie warnt darin vor »Unruhestiftern im Namen Gottes«", bezieht dies allerdings auf alle »monotheistischen« Glaubensrichtungen, also auch auf christliche Bekenntnisse. Sie sieht auch hier Aggressionspotenzial, insbesondere bei protestantisch-fundamentalistischen Pfingstlern in Südamerika und den rund 80 Millionen »"wiedergeborenen Christen« in Nordamerika. Vollmer, die 1943 geborene evangelische Theologin, setzt auf mehr »Grenzgänger«, die in einer religiösen Kultur heimisch sind, aber auch eine zweite kennen und erklären können, welche Wege der Überwindung radikaler Strömungen anderen Glaubensgemeinschaften überhaupt möglich seien. Sie könnten so als Vermittler zur jeweils anderen Seite dienen.

Kirchenpräsident Steinacker, Präsidiumsmitglied des Deutschen Evangelischen Kirchentages, konstatiert demgegenüber eine kaum überwindbare »Fremdheit« zwischen den Religionen, die zu respektieren sei, anstatt mithilfe eines »modernen verwaschenen« Toleranzbegriffs verschleiert zu werden. So gelte es, die Andersartigkeit der Muslime zu respektieren, allerdings im Rahmen der Normen unserer Verfassung. Immerhin urteilt Steinacker: »"Dass wir uns gegenseitig achten in unserer Fremdheit, das ist eine Chance«.

Das Friedensgespräch wird geleitet von Prof. Dr. Reinhold Mokrosch von der Universität Osnabrück.

 
Unterstützt vom Förderkreis Osnabrücker Friedensgespräche e.V.