Presseinformation, 3. Juli 2003
Wieder Chancen für die zivile Gesellschaft in Palästina?
Präsident der Birzeit-Universität bei den Osnabrücker Friedensgesprächen

Aus Palästina sind in diesen Tagen widersprüchliche Signale zu vernehmen: Meldungen über Angriffe des israelischen Militärs auf führende Mitglieder radikaler Organisationen sowie Nachrichten von Überfällen auf jüdische Siedlungen im Westjordanland und im Gaza-Streifen sowie Selbstmordattentate palästinensischer Jugendlicher haben die letzten Monate beherrscht.Fast täglich hatten Palästinenser wie Israelis Todesopfer zu beklagen, darunter häufig viele Unbeteiligte, oft Frauen und Kinder. In Europa ist so das Bild eines permanenten Bürgerkriegs im Nahen Osten entstanden. Nun scheinen Verhandlungen zwischen den Führungen beider Seiten auf höchster Ebene und ein neuer Friedensplan, mit dem die USA die Region und zur Ruhe bewegen wollen, neue, zerbrechliche Hoffnungen auf ein Ende der Gewalt entstehen zu lassen. Denn unter der israelischen Militärbesatzung und ihrem drakonischen Regime leidet das zivile Leben bis zur Unkenntlichkeit. Bildung und Ausbildung, die Zweckbestimmungen von Schulen und Hochschulen, scheinen völlig in den Hintergrund zu treten. Ihre Perspektiven für Studenten und Schüler können sich nur in einer friedlichen Zukunft erfüllen. Der Beitrag der Hochschulen zum Aufbau des Landes muss unsicher bleiben, solange das ganze zivile Leben von militärischem Kommando und von der Sprache der Gewalt beherrscht sind.

Prof. Dr. Hanna Nasir, Präsident der palästinensischen Universität in Birzeit bei Ramallah, der international bekanntesten Hochschule des Landes, und einige Dozenten folgen einer Einladung der Universität Osnabrück und werden in der kommenden Woche im Rahmen eines Osnabrücker Friedensgesprächs unter dem Titel: »Education under Occupation - Keine Chance für die zivile Gesellschaft in Palästina und Israel?« die aktuelle Lage in Birzeit schildern. Auf dem Podium werden neben Nasir die in Stuttgart geborene Historikerin Helga Baumgarten, die in Birzeit seit 1993 Geschichte und Politikwissenschaft lehrt, und der Wirtschaftswissenschaftler Adel Zagha beteiligt sein, der u.a. an der Freien Universität in Berlin studierte. Die Gesprächsleitung übernimmt Gesa Heym von der Universität Osnabrück, die während ihres Arabistik-Studiums einen Studien-aufenthalt in Birzeit absolvierte.

Nasir leitet die dortige Universität bereits seit 1973. Nach seiner Ausweisung 1974 war dies bis 1994 nur aus dem jordanischen Exil möglich. Nasir hatte zuvor in Beirut und in den USA Physik studiert und dort die Promotion abgelegt. Vor wenigen Monaten war Nasir zum Leiter der Kommission zur Vorbereitung der Präsidentschafts- und Kommunalwahlen berufen worden.