Presse-Information, 16. Oktober 2001
Presse-Information, 16. Oktober 2001
Hans-Dietrich Genscher zieht Bilanz

»Die DDR-Bevölkerung brachte das Selbstbewusstsein der mit friedlichen Mitteln errungenen Freiheit mit; und die westdeutsche Bevölkerung konnte eine in Jahrzehnten bewährte lebendige Demokratie einbringen. Das waren und sind hervorragende Voraussetzungen zur Gestaltung eines le-benswerten und zukunftsfähigen Gemeinwesens«.

Mit einem Vortrag mit anschließender Diskussion im Rahmen der Osnabrücker Friedensgespräche zieht Hans-Dietrich Genscher am 24. Oktober ab 19 Uhr in der Osnabrücker Marienkirche ein Re-sümee der säkularen Ereignisse seit 1989 und deren Folgen für die Deutschen in Ost und West. Die Fernsehbilder aus der mit Flüchtlingen überfüllten Botschaft des Bundes in Prag und deren Glück, als ihnen der damalige Außenminister die Ausreisemöglichkeit mitteilte, sind vielen unver-gessen. Diese Erinnerung steht inzwischen unter neuen, sorgenträchtigen Vorzeichen: »Nun geht es darum, zu erkennen, dass eine neue multipolare Weltordnung entstanden ist«. Wie hellsichtig dieser wenige Monate alte Hinweis Genschers wahr, zeigt sich angesichts der Selbstmord-Attentate in den USA und dem laufenden »Anti-Terror-Krieg« der westlichen Allianz in Afghanistan.

Dr. h.c. Hans-Dietrich Genscher amtierte von 1974 bis 1992 als Bundesaußenminister. Geb. 1927 in Reideburg b. Halle/Saale, erlebte er 1945 Kriegsdienst und Gefangenschaft, bevor er eine Karriere als Jurist und Politiker begann. Von 1965 bis 1998 hatte er ein Bundestagsmandat der FDP, deren Parteivorsitzender er von 1974 bis 1985 innehatte. Er führte die Verhandlungen über Ausreisemöglichkeiten von DDR-Bürgern und nahm 1990 an den Zwei-plus-Vier-Gesprächen über die Zukunft beider deutscher Staaten und der Vereinbarung mit Polen über die Oder-Neiße-Linie als polnischer Westgrenze teil.